Über Silvia Hartung

Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Lehren und Lernen mit Medien (Universität der Bundeswehr München)

Wer bin ich – und wenn ja wie viele?

„Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“ diese Frage habe ich mir in Anlehnung an das populäre Buch von Richard David Precht bei meinem Besuch der DGHD Jahrestagung 2013 gestellt. Es war mein erster Besuch bei „den Hochschuldidaktikern“ und er führte mich vom 3. bis 6. März an die Hochschule Magdeburg-Stendal.

h2_logo_RGBIch hatte die Möglichkeit, am 4. März im Rahmen des Promovierendenforums den aktuellen Stand meiner Disseration vorzustellen. Im Zentrum stand dabei für mich nicht, eine Horizont-erweiterende inhaltliche oder forschungsmethodische Rückmeldung zu erhalten. In erster Linie ging es für mich darum, mal „vorzufühlen“, auf welche Resonanz mein Ansatz, Lehrende für das Geben von Feedback an Studierende in Lehrveranstaltungen zu qualifzieren, wohl in der Community der Hochschuldidaktiker stoßen würde. Die Rückmeldungen waren erfreulicherweise positiv und ich konnte eine Reihe von Interessenten gewinnen, die sich mein Qualifizierungskonzept samt Werkzeugkasten gerne ansehen würden. Hoffentlich ist es im Sommer endlich soweit, dass ich einen ersten Prototypen aus der Hand geben kann.

Aber was hat nun meine Überschrift mit der DGHD Jahrestagung 2013 zu tun? Neben der Vorstellung des Diss-Standes war es mir ein besonderes Anliegen, mir einen Eindruck von der hochschuldidaktischen Community zu verschaffen. Bereits beim Jungen Forum Hochschul- und Mediendidaktik 2012 in Hamburg konnte ich mir ein erstes Bild machen. Aber was sind die aktuellen Felder hochschuldidaktischer Forschung? Was sind typische Untersuchungsdesigns? Wie ist das Selbstverständnis, der in der Hochschuldidaktik Beschäftigten? Diese Fragen habe ich mit nach Magedeburg gebracht. Das Motto der Tagung war „Professionalisierung der Hochschuldidaktik“. Dazu ein Auszug aus dem Call for Papers:

Die dghd möchte mit der 42. Jahrestagung ein Forum für den Diskurs anbieten, wie professionelle Arbeit in hochschuldidaktischen Maßnahmen und strukturellen Interventionen in Studium und Lehre wissenschaftlich fundiert und praktisch entwickelt und umgesetzt werden kann. Ziel muss es sein, dass entsprechende Ergebnisse hochschuldidaktischer Forschung und Arbeit qualitätsvoll und nachhaltig verankert werden.

Ich glaube, dass der Diskurs durchaus stattgefunden hat; von einem gemeinsamen Nenner ist man aber sicherlich noch weit entfernt. So sagte ein Referent in seinem Beitrag sinngemäß: „Hochschuldidaktische Einrichtungen möchten gerne stärker in der Forschung aktiv sein.“ Der folgende Referent hielt jedoch gleich mit einem „Wir verstehen uns als Service-Einrichtung unserer Hochschule und tun unser Möglichstes, einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung der Lehre zu leisten“ dagegen. Dabei sind nach meinem Verständnis beide Dinge durchaus gut unter einen Hut zu bringen – siehe z.B. Gabis Texte zur entwicklungsorientierten Bildungsforschung.

Es gibt sicherlich eine ganze Reihe an Einflussfaktoren, die das Selbstverständnis in der Hochschuldidaktik tätiger Personen prägen. Z.B. a) welche organisationale Aufhängigung ihre Arbeitsstelle innerhalb der Hochschule hat, b) welche Aufgaben typischerweise durch diese Arbeitsstelle wahrgenommen werden, c) welchen fachlichen Hintergrund diese Person hat und d) ob die Person bereits selber forschend aktiv geworden ist. Wenn man nun als „Neuer“ in einer hochschuldidaktischen Einrichtung landet (z.B. im Rahmen der zahlreichen Programme im Qualitätspakt Lehre), so ist es sicherlich eine große Herausforderung, sich und die eigene Arbeitstätigkeit in diesem Kontext neu zu definieren. Also tatsächlich die Frage zu beantworten: Wer bin ich – und wenn ja wie viele? Bin ich z.B. Servicedienstleister und/oder Forschung – und in welchem Verhältnis stehen diese Aufgaben zueinander? Aber auch: Mit welchem Verständnis von Forschung (geprägt z.B. durch die eigene Fachkultur) gehe ich an diese Aufgaben heran? Die oben genannten Einflussfaktoren wie auch das Selbstverständnis aller anderen in diesem Arbeitskontext tätigen Personen sind für die Beantwortung dieser Frage eine Herausforderung.

Also wohin kann, soll und wird der Weg einer Professionalisierung der Hochschuldidaktik uns führen? Als eher am Rande der Disziplin Stehende kann ich keine Vorhersage treffen; sehr wohl aber meine Einschätzung abgeben. Ich glaube, dass es für die Hochschuldidaktik wichtig wäre, noch stärker in den Dialog untereinander sowie mit angrenzenden Fachdisziplinen zu treten, um im Sinne einer Community of Practice orientiert an gemeinsamen Interessen stärker zusammenzuwachsen. Nur so kann so etwas wie eine gemeinsame Identität entstehen, die ich für die Etablierung von gewissen Standards und forschungsmethodischen Vorgehensweisen für unabdingbar halte. Dabei bin ich keineswegs dogmatisch. Über die Potentiale von z.B. Mixed Methods Ansätzen (für die ich mich seit meinem Besuch der Summer School in Ljubljana begeistere) für die Hochschulforschung berichtet z.B. Prof. Gläser-Zikuda – bzw. wollte berichten, denn die Keynote fiel leider kranksheitsbedingt aus, doch freundlicherweise wurden die Folien zur Verfügung gestellt. Es hätte mich sehr interessiert, auf welche Resonanz ihr Vortrag bei der DGHD Jahrestagung gestoßen wäre. Vielleicht wäre diese Keynote tatsächlich ein toller Anker gewesen, um miteinander über den Stellenwert von Forschung in der Hochschuldidaktik zu diskutieren.

Wer weiß, vielleicht kann ja die eine oder andere im Kontext Hochschuldidaktik angefertigte Dissertation auch ihren Beitrag dazu leisten…

Vortrag zum vhb-Kurs auf der GMW-Jahrestagung 2012

Die Zeit rast nur so dahin und schon stand wie jedes Jahr im September die Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (kurz: GMW) an. Dieses Jahr fand sie statt vom 10. bis zum 13. September im wunderbaren Wien. Neben dem an anderer Stelle bereits erwähnten Workshop KBoM@GMW habe ich noch gemeinsam mit Marianne einen Vortrag über den bei uns entwickelten Online-Kurs „E-Portfolios: Einführung in die Dokumentation und Selbstbeurteilung von Lernprozessen“ (verfügbar über die Virtuelle Hochschule Bayern) gehalten. Dort haben wir sozusagen „aus dem Nähkästchen geplaudert“ und einen Einblick in unsere Erfahrungen bei der Kursdurchführung (der Kurs ist mittlerweile in den dritten Durchführungsrunde) sowie in die Evaluation und Weiterentwicklung des Kurses gegeben. Wer schon immer mal wissen wollte, ob und wie man Studierende mit der Idee eines Online-„Rollenspiels“ bzw. – wie wir es mittlerweile nennen – durch das Lernen innerhalb eines Rollenszenarios auf die E-Portfolio-Arbeit vorbereiten kann, der ist herzlich eingeladen, sich anhand unserer bisherigen Publikationen einen Eindruck davon zu verschaffen:

  • Zum Kurskonzept: Sippel, S., Kamper, M. & Florian, A. (2011). Studierende zur E-Portfolio-Arbeit befähigen. Erfordernis einer Einführung in Theorie und Praxis. zeitschrift für e-learning, 6 (3), 8-19.
  • Zu den Praxiserfahrungen: Kamper, M., Hartung, S. & Florian, A. (2012). Einführung in die E-Portfolio-Arbeit mit einem Online-Kurs. Erfahrungen und Folgerungen (Praxisreport). In G. Csanyi, F. Reichl & A. Steiner (Hrsg.), Digitale Medien – Werkzeuge für exzellente Forschung und Lehre (S. 266-269). Münster: Waxmann.
  • Zur Rollenspiel-Idee und der Weiterentwicklung des Kurses: Hier ist bereits ein Artikel entstanden, der aber noch nicht veröffentlicht ist. Sobald das geschafft ist, gibt es hier die Info.

Der Vortrag auf der GMW war jedenfalls gut besucht, was sicherlich auch daran lag, dass wir in einer Session mit Gabi und Frank waren, die dann auch den Best Paper Award für ihren Vortrag zum Online-Doktorierenden-Coaching mittels Video bekommen haben. Dazu konnten Marianne und ich zumindestens einen kleinen Beitrag leisten, indem wir im Vorfeld ein Video aufgenommen haben, das auf die vernachlässigte Rolle der mündlichen Prüfung im Rahmen der Doktorierenden-Ausbildung hinweist. Wenn in Kürze unter http://www.gmw2012.at/ die Präsentationen zur Verfügung stehen, ist unser filmisches Meisterwerk dort womöglich auch zu sehen.

Noch ein kleiner Kommentar zur GWM12 insgesamt: Dieses Mal waren noch etwas weniger Leute dabei als letztes Jahr in Dresden. In Kombination mit den Rahmenbedingungen „viele Parallel-Sessions“ und „Räume verteilt über vier Stockwerke“ hat das leider zu ein paar ungünstigen Effekten geführt: a) Man konnte nicht gut zwischen Sessions hüpfen, da die ja teilweise weit auseinander lagen. b) Da es auf gefühlt jedem Stockwerk eine „Kaffee-Ecke“ gab, verlief sich das Publikum doch sehr. c) Insgesamt kam der Austausch untereinander doch etwas kurz. Dennoch ist es immer wieder schön, auf der GMW zu sein. Es hat ein bisschen was von „Klassentreffen“.

Ach ja… wenn ich doch noch einen Wunsch äußern könnte, dann wäre es dieser hier: Keynotes und eine Podiumsdiskussion, die mich inspirieren und nicht den Wunsch in mir wecken, den Raum zu verlassen…

Nachlese zum Workshop „KBoM@GMW“ auf der GMW-Jahrestagung 2012

Schon einige Wochen zurück liegt der Workshop „Keine Bildung ohne Medien@GMW“ der auf der GMW-Jahrestagung 2012 stattfand. Geplant habe ich den Workshop gemeinsam mit Alex; in Wien musste ich dann leider alleine die Stellung halten, da Alex verhindert war. Nun möchte ich mir endlich die Zeit für eine kleine Nachlese nehmen. Was waren die Ziele unseres Workshops? Was hatten wir geplant? Was lief davon gut und was weniger gut?

„Keine Bildung ohne Medien“ (KBom) ist eine Initiative, die sich mit Medien in allen Bildungskontexten und über alle Altersstufen hinweg befasst und dabei schwerpunktmäßig eine bildungspolitische Zielsetzung verfolgt. Auch „Medienbildung in der Hochschule“ ist als Thema durch eine Arbeitsgruppe (kurz: AG Hochschule) innerhalb der Initiative vertreten – jedoch nur von einem sehr kleinen Teil der Community. Alex und ich hatten im Zuge des Medienpädagogischen Kongresses 2011 in Berlin die Moderation dieser AG übernommen. Das Ziel des Workshops – und der Zusammenarbeit von KBoM und der GMW generell – lag aus diesem Grund darin, die bisherigen Arbeitsergebnisse mit Interessenten aus dem Umfeld der GMW zu diskutieren und in Richtung konkreter Implementationsempfehlungen weiter zu entwickeln.

Da klar war, dass sich ein solches Ziel nicht innerhalb des 90-minütigen Zeitfensters eines Workshops erreichen lassen würde, kam die Idee auf, den Workshop mit einer Online-Vorphase und einer Online-Nachphase zu rahmen. Vorgestellt haben wir diese Idee bei einem Online-Event auf e-teaching.org und sind – zumindest an der Zahl der Zuhörer gemessen – hier auch auf Interesse gestoßen. An der darauffolgenden Online-Vorbereitung nahmen jedoch nur sehr wenige Leute teil, so dass wir uns entschieden, den Workshop offener zu gestalten und darauf zu setzen, „Laufpublikum“ bei der Tagung für unser Thema zu begeistern. Das Ziel des Workshops war nun eher, ein Stimmungsbild über die bisherigen Ergebnisse der AG Hochschule einzuholen und durch ein paar aktivierende Elemente miteinander ins Gespräch zu kommen.

Vor Ort hat mich dann netterweise noch Marianne unterstützt, so dass es zu zweit gut möglich war, den Raum für unsere Belange herzurichten. An insgesamt fünf Stationen konnten sich Interessenten über die Initiative und speziell über die Arbeit der „AG Hochschule“ informieren (z.B. über dieses Poster), die bisherigen Ergebnisse kommentieren und kreativ werden.

  1. Twittern Sie: „Was sind Ihre Top 3 der digitalen Werkzeuge in der Lehre?“ #kbom #gmw12 (Hier mal dieses Poster als Beispiel.)
  2. Vervollständigen Sie: „Open Source Lehr- und Lernmaterialien sind wichtig für die Zukunft der Hochschulen, weil…“
  3. Stimmen Sie ab: „Wie wichtig sind Ihnen die bisher von der AG formulierten bildungspolitischen Forderungen?“ (Abstimmung über Forderungen mit Klebepunkten)
  4. Geben Sie uns ein Audiostatement: „Was ist für sie akademische Medienkompetenz? Wie kann man sie fördern?“
  5. Open Space. Platz für Ideen, Fragen und Rückmeldungen.

Insgesamt nahmen sechs Personen an dem Workshop teil. Alle waren sehr interessiert an der Initiative, hatten aber zuvor noch nichts von KBoM gehört und demzufolge auch nicht an der Online-Vorbereitung teilgenommen. Dies war auch nicht notwendig; allerdings war es doch verwunderlich, dass letztendlich niemand da war, der zumindest schon im Vorfeld über den Workshop Bescheid wusste (und auch auf der GMW-Jahrestagung vor Ort war). Dies ist sicherlich (auch) der hohen Veranstaltungsdichte auf einer solchen Tagung zuzuschreiben; jedoch ist ebenfalls davon auszugehen, dass die inhaltlichen Interessen der GWM-Teilnehmer an anderer Stelle lagen. Sich in die Arbeit und Zielsetzung einer solchen politischen Initiative einzudenken, ist vermutlich auch etwas mühsam und bringt keinen unmittelbaren persönlichen Nutzen.

Aber noch einmal zurück zum Workshop: Durch den Online-Vorlauf war ich schon darauf gefasst, dass die Ziele für den Workshop eher niedriger anzusetzen sind. Und vor diesem Hintergrund bin ich durchaus zufrieden mit den 90 Minuten. Dadurch, dass wir eine so kleine Gruppe waren, wurde viel diskutiert; die geplanten Aktivitäten wie „Twittern“ und „Audiostatement abgeben“ traten eher in den Hintergrund. Daraus folgte dann auch, dass an den Workshop keine Online-Nachbereitung (wie ursprünglich geplant) anschloss, da ja nur wenige Artefakte aus dem Workshop hervor gingen, die man hätte diskutieren können.

Und nun? Ich bin immer noch überzeugt davon, dass es wichtig ist, sich (auch auf der politischen Ebene) dafür einzusetzen, dass „Medien in der Hochschule“ auf der wissenschaftlichen wie gesellschaftlichen Agenda stehen. Eine reine Diskussion darüber, wie SchülerInnen grundlegende Medienkompetenzen erlangen, wird den Potentialen, die Medien für Lehrende/Lernende aber auch für die Forschung bieten, nicht gerecht. Wie man dieses Engagement nun aber weiter gestalten sollte, darüber bin ich mir auch noch nicht im Klaren. Der Versuch, das Thema über einen „Blended Conferencing“-Ansatz auf eine Tagung zu holen, hat jedenfalls nicht ganz so gut funktioniert, wie gedacht.