Vortrag zum vhb-Kurs auf der GMW-Jahrestagung 2012

Die Zeit rast nur so dahin und schon stand wie jedes Jahr im September die Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (kurz: GMW) an. Dieses Jahr fand sie statt vom 10. bis zum 13. September im wunderbaren Wien. Neben dem an anderer Stelle bereits erwähnten Workshop KBoM@GMW habe ich noch gemeinsam mit Marianne einen Vortrag über den bei uns entwickelten Online-Kurs „E-Portfolios: Einführung in die Dokumentation und Selbstbeurteilung von Lernprozessen“ (verfügbar über die Virtuelle Hochschule Bayern) gehalten. Dort haben wir sozusagen „aus dem Nähkästchen geplaudert“ und einen Einblick in unsere Erfahrungen bei der Kursdurchführung (der Kurs ist mittlerweile in den dritten Durchführungsrunde) sowie in die Evaluation und Weiterentwicklung des Kurses gegeben. Wer schon immer mal wissen wollte, ob und wie man Studierende mit der Idee eines Online-„Rollenspiels“ bzw. – wie wir es mittlerweile nennen – durch das Lernen innerhalb eines Rollenszenarios auf die E-Portfolio-Arbeit vorbereiten kann, der ist herzlich eingeladen, sich anhand unserer bisherigen Publikationen einen Eindruck davon zu verschaffen:

  • Zum Kurskonzept: Sippel, S., Kamper, M. & Florian, A. (2011). Studierende zur E-Portfolio-Arbeit befähigen. Erfordernis einer Einführung in Theorie und Praxis. zeitschrift für e-learning, 6 (3), 8-19.
  • Zu den Praxiserfahrungen: Kamper, M., Hartung, S. & Florian, A. (2012). Einführung in die E-Portfolio-Arbeit mit einem Online-Kurs. Erfahrungen und Folgerungen (Praxisreport). In G. Csanyi, F. Reichl & A. Steiner (Hrsg.), Digitale Medien – Werkzeuge für exzellente Forschung und Lehre (S. 266-269). Münster: Waxmann.
  • Zur Rollenspiel-Idee und der Weiterentwicklung des Kurses: Hier ist bereits ein Artikel entstanden, der aber noch nicht veröffentlicht ist. Sobald das geschafft ist, gibt es hier die Info.

Der Vortrag auf der GMW war jedenfalls gut besucht, was sicherlich auch daran lag, dass wir in einer Session mit Gabi und Frank waren, die dann auch den Best Paper Award für ihren Vortrag zum Online-Doktorierenden-Coaching mittels Video bekommen haben. Dazu konnten Marianne und ich zumindestens einen kleinen Beitrag leisten, indem wir im Vorfeld ein Video aufgenommen haben, das auf die vernachlässigte Rolle der mündlichen Prüfung im Rahmen der Doktorierenden-Ausbildung hinweist. Wenn in Kürze unter http://www.gmw2012.at/ die Präsentationen zur Verfügung stehen, ist unser filmisches Meisterwerk dort womöglich auch zu sehen.

Noch ein kleiner Kommentar zur GWM12 insgesamt: Dieses Mal waren noch etwas weniger Leute dabei als letztes Jahr in Dresden. In Kombination mit den Rahmenbedingungen „viele Parallel-Sessions“ und „Räume verteilt über vier Stockwerke“ hat das leider zu ein paar ungünstigen Effekten geführt: a) Man konnte nicht gut zwischen Sessions hüpfen, da die ja teilweise weit auseinander lagen. b) Da es auf gefühlt jedem Stockwerk eine „Kaffee-Ecke“ gab, verlief sich das Publikum doch sehr. c) Insgesamt kam der Austausch untereinander doch etwas kurz. Dennoch ist es immer wieder schön, auf der GMW zu sein. Es hat ein bisschen was von „Klassentreffen“.

Ach ja… wenn ich doch noch einen Wunsch äußern könnte, dann wäre es dieser hier: Keynotes und eine Podiumsdiskussion, die mich inspirieren und nicht den Wunsch in mir wecken, den Raum zu verlassen…

Reflexionen zur GMW und ein Blended Conferencing Vorschlag

Zack! Schon ist sie vorbei, die GMW. Okay, eigentlich ist die – ausformuliert –  Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft schon letzte Woche Mittwoch zu Ende gegangen, doch krankheitsbedingt komme ich erst jetzt dazu, meine Reflexionen über die drei Tage (13. bis 15.09.) in Zürich „zu Papier“ zu bringen. Das Auskurieren auf der Couch hatte jedoch auch seinen Vorteil: Ich konnte mir neben einer Bewertung der vergangenen Ereignisse auch gleich ein paar konzeptionelle Gedanken dazu machen, wie man – dem Tenor der Podiums- und Publikumsdiskussion entsprechend – zur Verbesserung des Tagungskonzepts beitragen könnte.

Zunächst möchte ich jedoch damit beginnen, was mir von der Veranstaltung selber in Erinnerung geblieben ist (weitere Rückblicke finden sich u.a. bei Gabi, Alex, Frank und Mandy):

  • Der erste Tag – die Pre-Conference – fand unter dem Motto „EduCamp meets GMW“ in Form einer Unconference statt. Im Vergleich zu meinem ersten EduCamp vergangenen Februar in Hamburg war dieser Tag zwar konzeptionell gleich aufgebaut, hinterließ bei mir aber dennoch einen ganz anderen Eindruck. Zum einen mag das am etwas anderen Publikum gelegen haben: Meinem Empfinden nach waren weniger „typische EduCamper“ und Freigeister auf dem GMW-EduCamp zu finden als in Hamburg. Zum anderen verteilten sich die 50 bis 80 Anwesenden recht großflächig im Veranstaltungsgebäude; manche Sessions mussten mangels Interesse kurzfristig abgesagt werden. Insgesamt wäre also etwas mehr Zulauf – auch für die Hauptkonferenz der GMW – wünschenswert gewesen. Meine Vermutung ist, dass Zürich mit seinen recht gesalzenen Preisen als Veranstaltungsort nicht unbedingt für die breite Masse attraktiv ist (und nicht immer übernimmt die Universität die Kosten der Reise; für EduCamper gilt dies natürlich nochmal ganz besonders). Dennoch möchte ich betonen, dass ich es für eine gute Idee halte, offene und dialogorientierte Formate in die Konferenz einzubinden – und da ist das EduCamp ein besonders passendes Beispiel für.
  • Auch auf der Hauptkonferenz wurden in Form des Learning Cafés und der Interaktiven Postersession dialogorientierte Formate als reguläre Sessions ins Konzept integriert. Ich habe beide Sessions besucht und bin grundsätzlich überzeugt davon, dass diese den „Tagungsalltag“ bereichern können. Gezeigt hat sich allerdings auch, dass nicht alle Einreichungen für diese Formate geeignet sind. Ein Beitrag, der alleine auf eine Ergebnisdarstellung ausgerichtet ist, sollte vermutlich besser als klassisches Referat präsentiert werden. Welche Kriterien Beiträge erfüllen müssen, um sinnvoll in einem interaktiven Format platziert werden zu können, kann ich jetzt nicht aus dem Ärmel schütteln – das ist sicherlich eine Diskussionsaufgabe für die ganze Community. Als Mindestanforderungen würde ich allerdings definieren, dass der/die Einreichende am Dialog interessiert ist, um z.B. a) ein Untersuchungsdesign oder b) ein konkretes Tool weiterzuentwickeln oder um c) eine These oder d) die Ergebnisse einer Untersuchung kritisch zu reflektieren und zu diskutieren.
  • Neben diesen interaktiven Formaten habe ich auch die klassischen Referatsvorträge und Keynotes besucht (hier die Programmübersicht). Teilweise gaben mir diese spannende Anstöße für die eigene Arbeit, manchmal kam ich mir aber auch vor wie im falschen Film. Eine Tagung, die sich ausschließlich dieser Formate bedient, hätte wohl – außer den anregenden Gesprächen in den Pausen – nur einen geringen Mehrwert gegenüber der Lektüre des Tagungsbands für mich.

Insgesamt hat mir die Tagung aber doch gut gefallen. Vielen aufrichtigen Dank also an alle, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben! Wie am Anfang des Beitrags angekündigt, möchte ich neben einem Rückblick aber auch ein wenig in die Zukunft schauen. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion (bei der das Publikum auch gut eingebunden wurde) kamen nämlich einige Verbesserungsvorschläge zur Sprache, die zwar unterschiedliche Punkte berührten, meiner Ansicht nach aber ganz gut aufeinander beziehbar sind und in ein stimmiges Gesamtkonzept integriert werden können. Besonders hervorgehoben wurden folgende Aspekte:

  • Die Tagung sollte noch größer in Richtung Dialog entwickelt werden. Dafür ist es z.B. notwendig, dass die Teilnehmenden den Tagungsband nicht erst zu Beginn der Tagung erhalten, sondern dass die Beiträge bereits zuvor digital verfügbar gemacht werden.
  • Einzelne Rufe wurden laut nach einer stärkeren Integration der Nachwuchsförderung, wobei nicht abschließend geklärt werden konnte, wer genau zur Gruppe „Nachwuchs“ zählt und durch welche Angebote dieser gefördert werden kann. Das Doktorierenden-Forum (umgesetzt als eine der Sessions; ich hab es leider nicht besucht) wurde als Schritt in die richtige Richtung bewertet.
  • Außerdem wurde zur Integration des EduCamps in die GMW ein positives Fazit gezogen. Als Ziel für die zukünftige Umsetzung wurde formuliert, noch mehr Öffnung gegenüber dem „normalen EduCamp-Publikum“ zu erreichen und gleichzeitig auch noch mehr der „traditionellen Tagungsteilnehmer“ für ein Mitwirken zu gewinnen. Als Vorschlag wurde hier bereits genannt, das EduCamp eher an Tag zwei oder sogar an zwei halben Tagen zu integrieren, damit es als stärker zur Tagung zugehörig verstanden wird.

Tja, was wäre nun die Idee, dies alles zu integrieren? Zunächst einmal fände ich es wirklich gut, wenn die Beiträge einige Zeit vor der Tagung den Teilnehmern online zur Verfügung stehen würden. Hier ergibt sich nicht nur die Chance, sich bereits im Vorfeld mit den Texten vertraut zu machen, sondern auch bereits Diskussions- und nachfragen zu sammeln, um dann die bei der Tagung vorhandene Zeit effektiver zu nutzen. Zudem könnten die Tagungsteilnehmer an dieser Stelle bereits „Einspruch erheben“, wenn ein Beitrag Ihrer Ansicht nach nicht in eine bestimmte Form von Session (wie oben erwähnt z.B. Learning Café, Interaktive Postersession oder klassischer Vortrag) passt. Davon würden sowohl die Beitragseinreichenden als auch die Rezipienten bzw. hoffentlich aktiv Mitdiskutierenden profitieren. Ich würde dies in Analogie zum Begriff Blended Learning (lustigerweise ging’s bei Sandras Blogpost zur GMW schon in eine ähnliche Richtung: Tagungsdidaktik) als Blended Conferencing bezeichnen.

Da stellt sich nun die Frage, wer dies betreut und organisiert. Hier wäre der Aspekt der Nachwuchsförderung gut zu integrieren. Junge Nachwuchswissenschaftler könnten die Aufgabe erhalten, die Online-Kommunikation zu betreuen, die Anmerkungen aus dieser ersten Phase in Kooperation mit den Vortragenden in die Präsenztagung „weiterzutragen“ und den Verlauf und/oder die Ergebnisse für die anderen Tagungsteilnehmer (wiederum online) zu dokumentieren. Quasi als „Nebenbeiprodukt“ dieser Aufgaben bietet sich den Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit inhaltsorientiert in Kontakt mit „den Etablierten“ (so der Begriff auf der Podiumsdiskussion) zu treten und so ein Stück weiter in die Community hineinzuwachsen.

Aus der Kombination der beiden Elemente Blended Conferencing und Nachwuchsförderung könnte sich außerdem ein Mehrwert für ein in die Konferenz integriertes EduCamp ergeben. Meine Annahme ist, dass sich aus einer stärker dialogorientierten Konferenz eher der Bedarf nach weiterführenden Gesprächen ergibt, die durchaus in Form von EduCamp Sessions stattfinden könnten. Deswegen wäre mein Vorschlag, das EduCamp an Tag 3 der Konferenz anzusetzen – allerdings nicht als „After-Conference“, sondern vollwertig integriert in die Konferenz. Die abschließende Podiumsdiskussion sollte dann auch erst am Ende von Tag 3 stattfinden. Gegenüber einer Platzierung des EduCamps an Tag 2 oder über mehrere Tage verteilt ergibt sich der Vorteil, dass dieser Teil der Veranstaltung ohne allzu große organisatorische Schwierigkeiten kostenfrei (oder kostenarm) zugänglich gemacht werden kann. Wichtig fände ich es, dass ein ausgewogenes Verhältnis herrscht zwischen Session-Angeboten, die von „reinen EduCampern“ gemacht werden und solchen, die sich im Laufe der Tagung ergeben. Noch besser wäre es, Sessions unter Beteiligung beider „Parteien“ zu organisieren, sofern die Themen verwandt sind.

Meine Überlegungen habe ich mal versucht in einer pastelligen Grafik zu visualisieren (bitte draufklicken für eine größere Ansicht):

Tagungskonzept

Über eure Kommentare und Vorschläge dazu freue ich mich!

P.S.: Ach ja, übrigens ist der Tagungsband mittlerweile auch schon online verfügbar. Darin ist auch der Beitrag zu finden, den ich mit Gabi und Christian Spannagel für das Learning Café eingereicht hatte:

Reinmann, G., Sippel, S. & Spannagel, C. (2010). Peer Review für Forschen und Lernen. Funktionen, Formen, Entwicklungschancen und die Rolle der digitalen Medien. In S. Mandel, M. Rutishauser & E. Seiler Schiedt (Hrsg.), Digitale Medien für Lehre und Forschung (S. 218-229). Münster: Waxmann.